Hertha BSC U19: So viel anders, so viel besser als die Profis

Es war alles andere als eine ruhige Woche in Berlin. Politisch schon mal gar nicht – und sportlich auch nicht. Hertha BSC trennte sich von Trainer Pal Dardai (45) und installierte Tayfun Korkut (47) als Interimstrainer zumindest bis zum Saisonende.

(C4T / cger). Der Schwabe konnte allerdings mit Ausnahme seines Trainer-Engagements beim VfB Stuttgart bei bislang keiner Bundesliga-Station einen „Tayfun“ zum Start entfachen. Dennoch ist Tayfun Korkut ein akribischer Arbeiter, der beim „Big City Club“ (Jürgen Klinsmann) durchaus für eine mittelfristige Wende sorgen kann.

Nicht außer Acht lassen sollte Korkut dabei die Juwelen in der U19 der Hertha. Die A-Junioren des Hauptstadtklubs belegen in der Bundesliga Nord/Nordost vor dem Nachwuchs des in der 2. Liga schlingernden Beinahe-Erstligisten Holstein Kiel Rang eins. Sie stellen mit nur 9 Gegentreffern eine der besten Defensivreihen in dieser Staffel.

Linksaußen Anton Kade (17) und Mittelfeldspieler Mesut Kesic (18) gehören mit 4 bzw. 3 Treffern zum oberen Drittel der Torjäger in der A-Junioren-Bundesliga Nord/Nordost.

Herthas U19 die „beste Mannschaft Deutschlands“?

Tabellenführer – das ist im Berliner Westend nichts Neues. Nur zwei Mal stand Hertha in den vergangenen 20 Jahren am Ende der Staffelsaison nicht unter den besten Fünf. „Ergebnisse sind immer gut, um eine positive Grundstimmung zu haben. Grundsätzlich geht es im Nachwuchsbereich aber nicht so sehr um Gesamtergebnisse, sondern darum, die einzelnen Spieler zu fördern und zu fordern“, sagt Ex-Nationalspieler Michael Hartmann, der seit 2013 im Nachwuchsbereich der Hertha tätig ist und unter anderem 2018 die Deutsche U19-Meisterschaft holte, dem Portal Sportbuzzer.de.

Für Sebastian König, U19-Trainer vom brandenburgischen Liga-Rivalen FC Energie Cottbus, ist Herthas A-Jugend „die beste Mannschaft Deutschlands.“

Blickt man nun auf die in der Bundesliga der Herren eingesetzten Eigengewächse, so kommt Hertha BSC gar nicht so schlecht weg. Zumindest auf den ersten Blick. Mit dieser Zahl liegen die Berliner mit mehreren Klubs gleichauf, etwa mit dem für seine Jugendarbeit berühmten BVB oder den im Südwesten Deutschlands nicht minder für gute Nachwuchsabteilungen stehenden Vereinen SC Freiburg und Mainz 05. Die Berliner Talente vereinen 269 Liga-Spiele und 11 Tore auf sich. Mehr Spieler aus dem eigenen Jugendbereich stellt in der Bundesliga nur der 1. FC Köln. Trainer Steffen Baumgart (49 / „Ein Spiel ist erst zu Ende, wenn der Schiedsrichter pfeift und ich nicht mehr brülle“) hat 10 Spieler aus dem FC-Nachwuchs zur Verfügung. Kölns „Player to watch“ ist eindeutig der 19-jährige Tim Lemperle.

Nur ein Hertha-Talent schaffte es in dieser Saison zu den Profis

Tayfun Korkut übernimmt also eine Mannschaft, in der 9 Spieler selbst ausgebildet wurden. Könnte man meinen. Bei näherem Hinsehen sieht man allerdings, dass mit dem Innenverteidiger Linus Jasper Gechter, Jahrgang 2004, nur ein Spieler im aktuellen Profi-Kader unter 18 Jahren alt ist. Gechter, der auch in der Junioren-Bundesliga zum Einsatz kam, spielte unter Pal Dardai 3-mal im „Oberhaus“ mit – zuletzt beim bislang letzten Hertha-Sieg in der deutschen Fußball-Eliteliga, am 23. Oktober 2021 gegen Borussia Mönchengladbach (1:0). Nur 117 Minuten war das Hertha-Talent im Einsatz. Der aus der Jugend von Ajax Amsterdam geholte Jurgen Ekkelenkamp (21)hat 2 Tore in 10 BL-Spielen erzielt. Wirklich nach oben reißt das den Schnitt aber nicht.

CHANCE4TALENTS sagt: Eindeutig zu wenig für einen Klub, der als Leuchtturm einer ganzen Metropolregion die besten Nachwuchsspieler anzieht und mit der Deutschen A-Jugend-Meisterschaft 2018 einen Meilenstein gesetzt hat.

Was Herthas Bubis imstande sind, zu leisten, sah ganz Fußball-Deutschland vor 28 Jahren. Die Hertha Amateure, u. a. mit dem späteren Nationalspieler und Vize-Weltmeister Carsten „Calle“ Ramelow, stürmten beherzt ins DFB-Pokalfinale 1993. Und dieses Finale ist für die schlingernde Hertha im Frühjahr im Berlin-Derby gegen den 1. FC Union ja immer noch drin.

Bindet Korkut in Berlin mehr Talente ein, ist eine solche Erfolgsstory eventuell möglich. Fast sicher ist aber eine höhere Identifikation der „alten Dame“ bei den Fans. Viel Glück!

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