Vor „einer schwierigen Saison“ sieht Hannover-Legende Daniel Stendel (48) seine U23-Mannschaft in der Regionalliga Nord. Der Trainer-Rückkehrer findet Top-Bedingungen bei 96 vor – warnt aber vor zu viel Druck.
„Es ist schon etwas anderes, Nachwuchscoach eines Profivereins zu sein“, räumte Stendel, der nach Trainer-Engagements beim FC Barnsley in England, Heart of Midlothian in Schottland und zuletzt beim AS Nancy in der französischen Ligue 2 zurück in Hannover ist, in einem Kicker-Interview vom 29. Juli 2022 ein.
„Für die Profis interessant machen“
Stendel weiter: „Man hat hier nicht den wöchentlichen Leistungsdruck, die richtigen Ergebnisse zu erzielen. Bitte nicht falsch verstehen: Natürlich wollen wir auch Spiele gewinnen und erfolgreich sein, aber bei uns ist auch wichtig, die Jungs in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Und wenn es uns gelingt, den einen oder anderen für die Profis interessant zu machen, dann ist das ein Erfolg.“
Diese Erfolge konnte Hannover 96 II in der Vergangenheit schon häufig verzeichnen. Sofien Chahed und Manuel Schmiedebach (beide 2009), Niko Gießelmann (2012), der in Hannover zur Legende gewordene Henrik Weydandt (2018) oder zuletzt 2021 Marc Lamti fanden den Weg zu den Profis der „Roten“.
Stendel, der als Profi 96-mal in der Bundesliga für Hannover 96 und den Hamburger SV auflief, hat einen normalen Saisonstart hingelegt: Ein Sieg, eine Pleite.
20 Spieler in seinem Kader sind jünger als 21 Jahre, die aus der eigenen U19 bzw. von Dynamo verpflichteten Innenverteidiger Yannick Lührs und Lorenz Hollenbach sind erst 18 Jahre alt. Sie warten allerdings (Stand: 10. August 2022) noch auf ihren ersten Regionalliga-Einsatz.
Die Top-Torschützen sind schwer zu ersetzen
Die Offensive scheint bei den jungen „Roten“ das Grundproblem zu sein. Mit den Abgängen von Moussa Doumbouya und Mick Gudra verlor 96 die beiden Spieler, die fast 70 Prozent der Tore in der letzten Saison markiert hatten. Doumbouya sprang eine Liga höher und wechselte zum FC Ingolstadt, der 21-jährige Gudra ging zu TSV Steinbach-Haiger in die Regionalliga Südwest. Beide erzielten im letzten Spieljahr jeweils 6 Tore. Gerade der Wechsel von Doumbouya zu den „Schanzern“ zeigt, wie sehr die Talente von Hannover 96 national im Fokus stehen.
Für mich schon allein wegen der Torjägerfrage ein Player to watch: Robin Friedrich (19). Aus der U19 von RB Leipzig nach Hannover gekommen, ist einer von zwei Torschützen in dieser gerade erst begonnenen Saison.
„Wir haben eine sehr junge Mannschaft“, sagt Daniel Stendel in einem Regionalliga-Special des Kicker-Sportmagazins (Juli 2022), „auch im Vergleich zu anderen zweiten Mannschaften in der Regionalliga sind wir besonders jung. Wir werden sicherlich in dem ein oder anderen Spiel Lehrgeld zahlen müssen.“
Stimmt. In der viertklassigen Regionalliga Nord sind nur die U23-Teams der beiden norddeutschen Großklubs Werder Bremen (20,3 Jahre im Schnitt) und Hamburger SV (19,3 Jahre) im Durchschnitt noch jünger als die Jungs aus Hannover. Dafür haben aber (Quelle: Transfermarkt.de) nur drei Teams einen höheren Kaderwert als die Hannoveraner: Es sind dies die U23-Mannschaften von Werder und vom Hamburger Sport-Verein und der VfB Lübeck.
2,29 Mio. Euro ist der Gesamt-Kaderwert der „Roten“, da ist Potenzial drin. Dennoch weiß Talenteschmied Stendel: „Die Konstanz ist bei jungen Spielern nicht immer gegeben. Wir müssen den Jungs die entsprechende Zeit geben und Geduld haben.“
Stimmt. Am Freitagabend geht es für Hannover 96 II gegen Weiche 08, wir wünschen dem Team von Daniel Stendel und allen anderen Teams, die mit Talenten oder Routiniers am Wochenende am Ball sind, viel Glück!