Champions-League-„Aus“ in München mit einem 1:7 (0:4), die Salzburger „Bullen“ haben beim FC Bayern Lehrgeld bezahlt. Anders kann man es kaum formulieren. Trotzdem: Diese Mannschaft mit ihren vielen Fußball-Talenten wird Gesprächsthema bleiben.
(C4T / cger). Den größten Unterschied zwischen einem etablierten Champions-League-Teilnehmer wie Bayern München und einem zum ersten Mal in der K.o.-Runde stehenden Team hat man im Rückspiel, aber auch schon in der ersten Partie in Salzburg im Februar gesehen. Vor dem Tor fehlt der jüngsten Mannschaft des diesjährigen Champions-League-Achtelfinales einfach (noch) die Kaltschnäuzigkeit. In Salzburg war mehr als ein 1:1 drin, in München wäre ein frühes 0:1 einem anderen Spielverlauf sicher nicht abträglich gewesen… das soll aber die Leistung des FC Bayern nicht schmälern.
Sicher ist vor allem eines: RB Salzburg hat gezeigt, dass auch ein Team aus einer Liga jenseits der Top 5 in Europa für Furore sorgen kann. Die Begeisterung, mit der die junge Mannschaft vor allem die Hinrunden-Spiele gemeistert hat, würde ich mir persönlich auch mal wieder bei den Teilnehmern aus der Bundesliga jenseits von Bayern München wünschen…aber das ist ein anderes Thema.
Bleiben wir bei den jungen Salzburgern. Die vielen Talente, die der erst 33 Jahre alte Coach Matthias Jaissle im Kader hat, werden im Sommer auf dem Transfermarkt hoch gehandelt werden.
Adeyemi zum BVB? Es wäre eine gute Entscheidung…
Vor dem Spiel in München hat Jaissle bereits eingeräumt, dass er von einem Wechsel seines begehrtesten Profis ausgehen muss. Karim Adeyemi (20), 15-facher Torschütze in der österreichischen Bundesliga (21 Einsätze) und erster Spieler, der von einem Klub aus der Alpenrepublik in die deutsche Nationalmannschaft kam, wird aller Voraussicht nach zu Borussia Dortmund wechseln. 35 Mio. Euro Ablöse sind noch ein Streitthema, wie rund um das CL-Achtelfinal-Rückspiel zu lesen war, aber Adeyemi, Hoffnungsträger in der DFB-Elf für die WM im Winter 2022 in Katar, wäre beim BVB gut aufgehoben. Und er wird wohl auch nach Dortmund wechseln. Einen besseren Haaland-Nachfolger könnte ich mir aktuell in Dortmund kaum vorstellen. Erling Braut Haaland (21), dazu muss man kein Prophet sein, wird die Borussia im Sommer verlassen. Der Norweger ist einer von 50 RBS-Profis, die nach Deutschland gingen. 433 Millionen Euro Ablöse wurden von diesen Spielern generiert, kann man mal so machen als „Fußball-Franchise“, wie der Red-Bull-Klub oft geschmäht wird. Ich bin kein Freund solcher Bezeichnungen. Vor allem dann nicht, wenn ich sehe, wie ganzheitlich die Talentförderung und die Betreuung der jungen Spieler ist. Siehe auch 1899 Hoffenheim übrigens.
Hoffenheim, Gladbach, Frankfurt, Freiburg – die Talentschuppen des deutschen Fußballs – sind an einem anderen Salzburger dran. Es ist Brenden Aaronson (21), der bei einem Marktwert von 12 Mio. Euro und Vertrag bis 2025 ebenfalls ein Perspektivspieler der „Salzburger Bullen“ ist. Jaissle beschrieb ihn in SPORT BILD (Ausgabe 7 / 2022) so: „Er ist ein toller Teamplayer und sehr fleißig, ein Mentalitätsmonster.“
Der Adeyemi-Nachfolger ist schon da…
In Salzburg baut man bereits für den Adeyemi-Abschied im Sommer vor. Und zwar mit dem erst 18-jährigen Benjamin Sesko. Jaissle hat ihn – neben anderen Spielern in seinem Profi-Kader – schon in der U18 der Salzburger gecoacht. Er sagt über den noch bis 2026 gebundenen Stürmer: „Seine Anlagen würde man sich als Trainer malen!“
Wie gemalt sind auch die Werte von Noah Okafor (21), der sich im Hinspiel gegen Bayern München leider verletzte und mit Oberschenkelblessur zum Zuschauen verdammt war. 6 Spiele, 3 Tore, so seine Bilanz in der Champions League 2021/2022. Borussia Dortmund, Inter Mailand, Gruppengegner FC Sevilla und Scheich-Klub Newcastle United werden für den Schweizer, der auch die nigerianische Staatsbürgerschaft hat, immer wieder genannt. „Ein sehr kompletter Stürmer“, sagt Matthias Jaissle über den in 15 AUT-Bundesliga-Spielen 7-mal erfolgreichen Okafor, der in den Jugendmannschaften des FC Basel ausgebildet wurde, „er hat in den vergangenen Monaten eine rasante Entwicklung genommen.“
Ebenfalls auf dem Zettel vieler Großklubs wie Milan, Juventus Turin oder RB Leipzig: Luka Sucic (19). Der unglaublich variable Mittelfeldspieler, der beim FC Sevilla (1:1) Salzburgs erstes Saisontor in dieser denkwürdigen Champions-League-Saison erzielte, gilt schon jetzt als Unterschiedsspieler.
Seiwald und seine Entwicklung stehen über allem
Absoluter Musterschüler aus der Salzburger Akademie ist aber Nicolas Seiwald (20). Er hat für mich im Hinspiel gegen den FC Bayern überragt, bot einen sehr abgeklärten Auftritt. In der österreichischen Bundesliga glänzt er vor allem in der Vorbereiter-Rolle. „Er hat die Intelligenz, um ein Spiel zu lesen“, sagt Jaissle. Stimmt. Ein geradliniger, abgeklärter und erfolgshungriger Typ wie David Alaba. Auch für Borussia Dortmund wäre er in der zentralen Mittelfeldposition – bei Vertragsende 2024 und 15 Millionen Euro Marktwert sicher eine Überlegung wert, denn Kreativität und Unbekümmertheit waren Eigenschaften, die ich (nicht nur) beim BVB in dieser Europapokal-Saison vermisst habe. Ihr auch?